Als wir noch zögerten, nach Poznań zu fahren, wurde bereits das Programm für eine erste Sonderfahrt des „Kulturzugs – Pociąg do Kultury“ veröffentlicht, nach Warschau, mit Halt in: Poznań. Bislang fuhr der Zug, der unterwegs Kultur vermittelt, in die Oderstadt Wrocław, weitere Verbindungen blieben zunächst kühne Träume. Wenn wir unsere bisher aufgenommenen O-der Töne anhören, stellen wir fest: in jedem Gespräch taucht die Stadt Poznań auf, das hätten wir zuvor nicht gedacht!
Und nun treffen wir den Kulturvermittler Nicolas Flessa in Buckow, der von einem lebendigen Städteaustausch mit Lagów erzählt, einer kulturell engagierten Kleinstadt bei: Poznań. Den „Brückenschlag nach Polen“ wolle er weiter stärken. Schließlich seien Küstrin/Kostrzyn und Frankfurt (Oder)/Słubice nur einen Katzensprung entfernt, und auch Szczecin sei überhaupt nicht weit weg.
Brückenschläge, Träume, die wahr werden können. Wir fahren sehr gern nach Buckow, in die Märkische Schweiz. In die Stadt der Literaten und Dicher*innen; hier steht das Haus von Bertolt Brecht und Helene Weigel, hier wird auch heute gelesen und geschrieben. Doch kurz vor Reiseantritt irritiert uns, dass wir keine Reiseverbindung über die BVG App finden, und auch auf der Seite der Deutschen Bahn müssen wir genau wissen, wie wir “Buckow(Märkische Schweiz)” eintippen, um die richtige Verbindung über Müncheberg herauszufinden. Es geht dann nach kurzer Wartezeit weiter mit dem Bus nach Buckow.
Buckow, die Oder – alles so nah. Die Oder dehnt sich je nach Wasserstand aus, wird flächiger. Wie weit reichen Kulturräume? Wie dynamisch, parallel zum Oderfluss gedacht, sind sie? Welche Träume lohnt es sich, heute, in einer Zeit voller politischer Aggressivität und Kriege, weiter zu träumen?
Mit Nicolas Flessa lassen sich solche Fragen gut diskutieren. Er habe Buckow zum Schreiben in der Zeit der Pandemie zu schätzen gelernt, und nicht nur zum Schreiben. Mittlerweile hat er sein Leben von Berlin nach Buckow verlegt, und nicht nur er hat diesen Schritt in den vergangenen Jahren getan. Ein Antiquariat konnte er hier zum neuen Leben erwecken. Es heißt nun das „Wohlbehagen“ und macht seinem Namen alle Ehre. Es gibt nicht nur gut sortierte Bücher, sondern auch Tee, feine Sorten, kuratiert nach den Namen von Autor*innen.
Die Lage des „Wohlbehagen“: am Markt in Buckow beziehungsweise im Herzen der „Buckowina“, so heißt der Verein für Kulturvermittlung, den Flessa mitbegründet hat. Seit der Eröffnung zum 125. Geburtstag von Bertolt Brecht folgt im „Wohlbehagen“ eine Kulturveranstaltung der anderen. Buckowina, klar, das sei ein einfaches Wortspiel, die Ortsbezeichnungen haben die Buche in ihrem Wortstamm. Flessa rekurriert auf etwas „Verspieltes, was aber aus der Realität kommt.“ Denn sowohl in Buckow als auch in der Buckowina haben sich immer wieder Menschen versammelt, die gedichtet haben. Eine solche Inspiration, Offenheit, das schreibe sich in Orte ein.
Aktuell feiert Buckow musikalisch und poetisch den Abschluss eines Festivals anlässlich des 100. Geburtstags von Selma Merbaum (1924-42). Selma Merbaum, Czernowitzer Dichterin, Cousine Paul Celans, gehört zur deutschsprachigen Weltliteratur. Die Ostberliner Anthologie, in der ihre Gedichte einst entdeckt wurden, heißt:
„Welch Wort in die Kälte gerufen“
Auf nach Buckow am Sonntagnachmittag, den 2. Februar 2025, es lohnt sich:
https://parklichtspiele.de/2025/01/23/live-konzert-in-den-parklichtspielen/